Bauen in gefährdeten Hochwassergebieten
19.06.2013Im Frühjahr 2013 sind Bauvorhaben in hochwassergefährdeten Gebieten wieder in den Mittelpunkt gerückt.
Die teils verheerenden Schäden in Deutschland, Österreich und Tschechien werfen Fragen bezüglich künftiger Verbesserungen auf. Auch die Ist-Situation wird kritisch betrachtet. Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass Flüsse wie Donau oder Elbe nicht zum letzten Mal übergelaufen sind. Gerade angesichts der immer zahlreichen Klimakapriolen gilt es also, effektiv vorzubeugen, speziell was geplante Bauprojekte betrifft.
Keine gesetzlichen Richtlinien
Grundsätzlich gibt es keinen hundertprozentigen Schutz gegen Hochwasser. Zusätzlich zu regionalen und überregionalen Maßnahmen wie Dämmen oder Rückhalteräumen sind Bauherren bzw. Hauseigentümer deswegen angehalten, selbst zur Sicherheit beizutragen. Gesetzliche Vorgaben gibt es folglich nicht. Das liegt auch daran, dass jede Gebäudesituation individuell bewertet muss. Obwohl Hochwasser, sofern einmal eingetreten, stets denselben Effekt hat, hängt die Schwere des Schadens im Detail von vielen Faktoren ab. Böschungen, Bodenbeschaffenheit, historische Pegelstände, Abstand zum Wasser, Grundwasserspiegel – dies und viel mehr gibt im Endeffekt die Voraussetzungen für einen optimalen Schutz vor.
Von Anfang an richtig bauen
Klar ist: Es ist wesentlich einfacher, schon beim Neubau effektiv gegen Hochwasser vorzubeugen, als bestehende Häuser entsprechend zu modifizieren. Für kommende Bauvorhaben in hochwassergefährdeten Gebieten ist die Marschroute damit klar. Auch wenn es Zusatzkosten bedeutet, sollte an den Hochwasserschutzmaßnahmen ebenso wenig gespart werden wie bei anderen, „schöneren“ Dingen des Hauses. Die Arbeit beginnt logischerweise schon im Keller. Dieser sollte als wasserdichte Wanne gebaut werden. Empfohlen wird dafür der Einsatz von Bitumen oder Kunststoff, alternativ ist auch wasserdichter Beton möglich, allerdings mit höheren Kosten. In jedem Fall sollten die Dichtbahnen ein gutes Stück über dem höchsten Grundwasserpegel liegen; bei Häusern im Hochwassergebiet ist es außerdem ratsam, die Eingänge höher zu legen. Hat der Keller ebenfalls Türen und / oder Fenster, sollten diese druckwasserdicht sein.
Informationen einholen: gewusst, wo
In der Summe sind Bauvorhaben in Hochwassergebieten deutlich teurer als in sicheren Gebieten. Das sollte in die Planung von Anfang an miteinbezogen werden, und damit auch in die gesamte Finanzierung. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der genauen Lagebedingungen. Durch diese kann die tatsächliche Hochwassergefahr nämlich realistisch eingeschätzt werden – und auch die Baukosten variieren im selben Maße. Detaillierte Auskunft über Grundstücke in Hochwassergebieten gibt es bei der lokalen Wasserbehörde. Dort gibt es Informationen bezüglich historischer Marken und Erwartungswerte; dabei rückt auch schnell die Kennzahl „HW 100“ in den Mittelpunkt. Diese bezeichnet den statistisch am höchsten zu erwartenden Wasserstand in 100 Jahren. Obwohl Vorhersagen über Eintreten oder Nicht-Eintreten dieses Ereignisses kaum möglich sind, sollte der Bau auch auf dieses Worst-Case-Szenario vorbereitet sein.
Nah am Wasser gebaut: Blick in die Erde ebenfalls nötig
Bei Hochwasserschutzmaßnahmen geht es meistens primär um den Schutz vor stark ansteigenden Flüssen. Allerdings kann die Gefahr auch im Unsichtbaren lauern, nämlich beim Grundwasser. Steigt der Grundwasserspiegel an, können die dadurch entstehenden Auftriebskräfte das Haus praktisch aufschwemmen – die Schäden sind dabei nicht selten ebenso immens wie bei Hochwasser von außen. Die Gründung muss deswegen gut verankert sein, um im Fall der Fälle genug Widerstand zu leisten. Dennoch: Tritt das berüchtigte Jahrhunderthochwasser ein, sind auch solche Maßnahmen nicht unbedingt ein ausreichender Schutz. Durch eine schnelle Flutung kann aber zumindest der Totalschaden verhindert werden.
Installationen besonders gut schützen
Wie anfangs erwähnt, gibt es keinen absoluten Schutz gegen Hochwasser – man kann allenfalls so gut wie möglich vorsorgen und damit das Schadenspotenzial senken. Kommt es dennoch dazu, dass Wasser in das Haus eindringt, sollten Heiz- und Elektroinstallationen hochwassersicher gebaut sein. Bei Ölöfen gilt das ganz besonders, da Schäden am Tank schwerwiegende Folgen haben können. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Ölöfen in Hochwassergebieten ohnehin nicht die beste Lösung sind.
Fazit: klug vorsorgen und das Leben genießen
Abgesehen von all den Risiken hat es dennoch seinen Grund, dass weiterhin viele Projekte in Wassernähe geplant werden und bestehende Anwohner nicht wegziehen wollen. Das Leben am Wasser bietet in mehrfacher Hinsicht ein Plus an Lebensqualität, angefangen bei einer idyllischen, naturnahen Wohnumgebung bis hin zu vielen Aktivitäten in und am Wasser. Und immerhin: Sofern keine menschlichen Schäden entstehen und das Gebäude nach dem Hochwasser weiterhin bewohnbar ist, entwickeln viele Anrainer mit der Zeit eine spezielle Einstellung zum gefürchteten Ereignis. Unschlüssige Bauherren dürfen sich also gerne von diesem Optimismus anstecken lassen, um einen Großteil der Zeit von der einmaligen Lage am Wasser zu profitieren.